Tagungsbeitrag

Albrecht, Thorsten:

Die barocke Klosterkultur im Michaeliskloster

Im Focus der Forschung steht vor allem die Kirche des Michaelisklosters bis zur Mitte des 13. Jahrhunderts. Kaum beachtet wurde bisher die Geschichte des Klosters in nachreformatorischer Zeit. Es blieb bis 1803 unter der Obhut der Benediktinermönche, während sie von der Kirche lediglich die Krypta und einige Nebenräume nutzen konnten. Der Abt war weiterhin für die gesamte Bauunterhaltung der Kirche zuständig, obwohl eine protestantische Pfarrgemeinde den Hauptteil der Kirche in Funktion nahm. Diese Doppelnutzung und die einseitige Baulastpflicht führten dazu, dass die Kirche zunehmend verfiel. Der Einsturz bzw. Abbruch einiger Bauteile wegen Baufälligkeit in der 2.Hälfte des 17.Jhs. bzw. 1746 waren die Folge. Der östliche Vierungsturm wurde in diesem Zusammenhang 1669 als Kirchturm mit barocker Haube umgebaut. Dieser Kirchturm bestimmte das Aussehen der Klosterkirche bis zur Zerstörung 1945 maßgeblich. Zu einer Barockisierung der Kirche kam es nicht.

Im Gegensatz dazu modernisierten die Äbte ab dem späten 17.Jh. die Klosteranlage und dokumentierten dadurch ihren Rang sowie ihren Wohlstand. Unter Abt Hatthausen erfolgte in der Mitte des 18.Jhs. eine erneute Modernisierung vorwiegend der Innenräume in Rokokoformen. Durch die intensiven Bau- und Renovierungsphasen am Kloster erhielt die Gesamtanlage eine deutliche barocke Prägung, die bis 1945 nicht mehr groß verändert wurde. Neben Zugangsportalen wurden in einem Neubau-Flügel moderne Wohneinheiten eingebaut, weiterhin erhielt die sog. Kleine Michaeliskirche im westlichen Kreuzgangflügel eine reiche barocke Ausstattung.
Nach der Mitte des 19.Jhs. erhielt die Michaeliskirche wieder ihren mittelalterlichen Charakter zurück. Durch die damaligen Modernisierungsmaßnahmen sind kaum barocke Ausstattungsteile erhalten geblieben. Barocke Elemente passten erst recht nicht beim Wiederaufbau in die Kirche.

Das Referat umfasst die Darstellung der barocken Bautätigkeiten und die neue Ausstattung sowie deren Einordnung in den „Hildesheimer Barock“. Anschließend wird auch der Frage nachgegangen, welche Objekte und Spuren aus dem 17. und 18. Jh. nach der Zerstörung 1945 heute noch in oder aus St. Michaelis vorhanden sind.

Dr. Thorsten Albrecht: Studium in Münster mit Hauptfach Kunstgeschichte sowie Neuere Geschichte, Volkskunde, Ur- und Frühgeschichte in den Nebenfächern, Promotion im Fach Kunstgeschichte (Thema: Die Hämelschenburg als Beispiel adliger Schlossbaukunst im späten 16. und frühen 17.Jh. im Weserraum). Anschließend tätig im Museums- und Ausstellungswesen sowie Forschungsprojekten zur Kulturgeschichte des Möbels;seit 2007 Leitung der Abteilung Kunstpflege und Denkmalpflege der Ev. Luth. Landeskirche Hannovers, seit 2010 Honorarprofessor der HAWK