Conference paper

Gwiazdowska, Malgorzata:

Der schwierige Prozess der Identifizierung der Bewohner Stettins mit dem kulturellen Vorkriegserbe der Stadt. Die politischen Gegebenheiten und die denkmalpflegerischen Maßnahmen, dargestellt an Beispielen für den Wiederaufbau der Altstadt und der Jakobikirche sowie des Wojewodschaftsamtes

Die Kriegszerstörungen bewirkten trotz ihres gewaltigen Ausmaßes nicht, dass der großstädtische Charakter Stettins verloren ging. Erhalten geblieben waren die moderne stadtplanerische Gestaltung und die originale Bebauung mit Mietshäusern. Diese Bebauung charakterisiert das Aussehen der Stadt um die Wende vom 19. zum 20. Jh. und stellt die am besten erhaltene historische Materie dar, die das heutige Zentrum bildet. Die Investitionen der letzten Jahre, die verbunden sind mit der Renovierung der historischen Substanz von Stettin, aber auch die lebhafte Diskussion über die Vision der Revitalisierung der städtischen Gebiete für die nächsten Jahre, bewirken, dass es sich lohnt, den Versuch ihrer Einschätzung zu unternehmen und Lösungen aufzuzeigen, die von der Pflege und vom Schutz des kulturellen Erbes Stettins durch die Stadtverwaltung in mehr als einem halben Jahrhundert ihrer Nachkriegsgeschichte zeugen. Die denkmalpflegerischen Lösungen der letzten 20 Jahre nahmen auch Züge einer Polemik mit denjenigen Lösungen an, die bis in die 1960er Jahre realisiert wurden, da sie nicht selten mit der bisherigen Art der Renovierung der historischen Substanz radikal brachen.

Ein Beispiel dafür, wie sich die Vision des Schutzes der historischen Substanz verändert hat, ist der Wiederaufbau der Altstadt in den 1950er Jahren sowie der Wiederaufbau des Gebietes in der näheren Umgebung des Schlosses (Podzamcze) in den 1990er Jahren. Der Prozess der Identifizierung der Nachkriegsbewohner Stettins mit dem kulturellen Vorkriegserbe der Stadt ist gleichzeitig ein Engagement für die Art und Weise des Wiederaufbaus ihrer Denkmäler. Das Beispiel der nach den Kriegszerstörungen zweifach wieder aufgebauten Stettiner Kathedrale - zuerst 1972 und die danach erfolgte erneute Ausführung von denkmalpflegerischen Arbeiten zusammen mit der wertvollen Rekonstruktion der Bekrönung des Kirchturmes - ist nicht nur eine der denkmalpflegerischen Doktrin gemäße Verfahrensweise, sondern auch Ausdruck der völligen Akzeptanz des Vorkriegs-Aussehens dieses Gotteshauses, das bis 1972 eine Ruine war.

In vielen Fällen kann man sagen, dass die unmittelbar nach dem Krieg ergriffenen Maßnahmen dem Ziel dienten, das zu retten, was am wertvollsten war. Die Valorisation der historischen Substanz Stettins wurde vorsichtig vorgenommen und zog nicht selten gegenüber der Absicht, die neue, die polnische Identität der Stadt zu akzentuieren, den Kürzeren.


Kunsthistorikerin; nach dem Studium Tätigkeit in der Stettiner Niederlassung des Staatlichen Unternehmens der Werkstätten für die Denkmalpflege, seit 1996 staatliche Denkmalpflegerin der Stadt Szczecin.
Publikationen zur Geschichte und Denkmalpflege der Stettiner Architektur (früher unter den Namen Paszkowska, Jankowska). Mitglied des Verbandes der Kunsthistoriker in Polen und des Polnischen Nationalkomitees von ICOMOS.