Tagungsbeitrag

Krosigk, Klaus-Hennig von:

Gefährdungen von historischen Parks und Gärten - Anmerkungen zur aktuellen Situation

Die Einbeziehung historischer Gärten und Grünanlagen in die in den 1970er und 80er Jahren erlassenen Denkmalschutzgesetze der Bundesländer brachte die Grundlage für Forschung, Schutz, Pflege und Erhalt von historischen Gärten. Trotzdem aber wird noch immer in historische Grünanlagen hineingebaut. Von den Rändern her fressen sich oftmals einzelne Gebäude, Parkplätze und Freizeiteinrichtungen in die Grünflächen und beeinträchtigen die künstlerische beabsichtige räumlich Wirkung, Veränderung und Vernachlässigung oder Neuplanungen nach heutigem Geschmack stellen den geschichtlichen Aussagewert eines Gartendenkmals ebenso infrage wie Totalrekonstruktionen. Im städtischen Bereich werden Grünanlagen vielfach als Reserve für den Straßenbau angesehen. Aber auch unzureichende Pflege historischer Gärten und Grünanlagen führt zu Schäden und Verlusten. Verarmung der geschichtlichen und ästhetischen Erscheinungsvielfalt unserer Umwelt ist die Folge. Eine solche Entwicklung lässt sich nur aufhalten, wenn unsere Gesellschaft Gärten und Grünanlagen als Denkmäler ohne Einschränkung anerkennt, ihre Erhaltung rechtlich, personell und materiell für die Zukunft sicherstellt.

Zunehmend bemerken wir im übrigen nicht nur die Neigung, historische Objekte aktuellen Funktionen und Nutzungsvorstellungen unterzuordnen, sondern auch das Gartendenkmal mit modischen Veränderungen und Zutaten zu überfrachten und damit zu überfordern. Die zu beobachtende Tendenz, denkmalgeschützten Parkanlagen die Funktionen öffentlicher Grünanlagen mit begrenzten lokalen Aufgaben zu übertragen, auch unter dem Hinweis, dass ein "bloß" historischer Park ja ohnehin nicht genug zu bieten habe“, ist eine gefährliche Entwicklung, insbesondere wenn das scheinbare Erwecken aus einem Dornröschenschlaf mit immer noch populärem, aber ganz unsinnigem Einreißen von Mauern, Hecken oder Gartenzäunen verbunden ist. Wir alle wissen längst, dass einem Fall dieser "Gartendämme" - von der Politik in aller Regel im Sinne spektakulärer Öffentlichkeitswirkung nachdrücklich begrüßt - sehr schnell scheinbar unabdingbar notwendige Erschließungswege, Zerstörungen durch nunmehr ungehemmtes Mountainbiking, Grillen, lagern und bolzen, folgen.
In einer Zeit der auch im „Gartenschaffen“ immer schneller voranschreitenden Entwicklungen und technischen Tendenzen macht es eben mehr als Sinn, "der Ökologie der Gärten als kulturelles Erbe mehr Respekt zu zollen als bisher", wie Géza Hajós es einmal formulierte, und dieses Erbe unüberformt, "unverbessert" oder unverändert als authentische Quelle, als Sachzeugen für uns und die nächsten Generationen zu erhalten und zu pflegen. Denkmale sollen selbstverständlich nicht nur Dokumente für die wissenschaftliche Forschung von Denkmalpflegern und Gartenhistorikern sein, sondern vielmehr Vorbilder, authentische Zeugnisse und konzentrierte Erfahrungsbereiche der geschichtlichen, kunstgeschichtlichen und gartenhistorischen Zusammenhänge, mithin Kristallisationspunkte in der Gegenwart sein. Diese Rollen können historische Gärten aber nur dann spielen, wenn wir sie uneingeschränkt als Kunstwerke eo ipse akzeptieren und allen Versuchen widerstehen, sie im Sinne weitgehend überwundenen Phase der schöpferischen Gartendenkmalpflege "neu zu rekonstruieren", sie durch oftmals überdimensionierte moderne Zusatzbauten scheinbar aufzuwerten, oder aber sie, aktuellen Trends folgend, nun mit zahlreichen Events scheinbar "fit" und profitabel zu machen für die Jetztzeit.
Historische Gärten sind um ihrer selbst Willen als Teil unseres kulturellen Erbes zu erhalten und zu pflegen, sie sind vor allem vor Überformungen zu schützen und in ihrer überlieferten und damit authentischen Kraft zu erhalten.


Landesdenkmalamt Berlin