Tagungsbeitrag

Welter, Jean-Marie:

Karl der Große und sein Pferd : eine zeitgleiche Schöpfung

Die sogenannte Metzer Reiterstatuette, die sich im Louvre in Paris befindet, war während des letzten Jahrhunderts das Thema einer Vielzahl von Publikationen. Wenn nun allgemein der Reiter als das Bild Karls des Großen anerkannt wird – insbesondere wenn man zum Vergleich die Silbermünzen mit seinem stilisierten Abbild heranzieht – und sein Guss ins 9. Jh. verlegt wird, ist der Ursprung des Pferdes weiterhin Gegenstand von Erörterungen. Insbesondere wurde vor 16 Jahren die Hypothese aufgestellt, dass das Pferd aus der spätrömischen Zeit stammen könnte und sozusagen „recycled“ wurde.

Eine eingehende Untersuchung der angeführten Argumente ergibt, dass sie wenig stichhaltig sind und dass Reiter und Pferd eine Einheit bilden die zur selben Zeit entstanden ist.

Das Größenverhältnis von Reiter und Pferd spiegelt die realen Verhältnisse wieder, wie die Untersuchungen der Gebeine des Kaisers und einer Vielzahl von Pferdeskeletten aus jener Zeit zeigen.

Die (halbquantitativen) chemischen Analysen zeigen, dass Reiter und Pferd aus ähnlichen mittelschwach legierten Kupferlegierungen bestehen, wobei insbesondere der niedrige Bleigehalt auffällt. Dies ist nicht erstaunlich, da die beiden Teile feuervergoldet waren. Anfang des 12. Jh. hat schon Theophilus Presbyter darauf hingewiesen, dass zu viel Blei in einer Legierung für eine gute Vergoldung abträglich ist. Wegen der Vergoldung brauchte der Gießer sich auch nicht um Legierungen identischer Farben zu sorgen.

Wenn auch einige ornamentale Details sich in Reiter und Pferd wiederfinden, so ist die größte Übereinstimmung in den Kraftlinien von beiden zu sehen. Auffallend ist die vertikale Ausrichtung von Reiter und Pferd, was sie stark unterscheidet von römischen Reiterdenkmälern mit ihrer horizontalen Betonung, wie die des Marc Aurel.


Jean-Marie Welter stammt aus Luxemburg und promovierte nach dem Ingenieursstudium an der École Polytechnique in Paris an der Technischen Hochschule in München. Von 1969–1985 war er an der Kernforschungsanlage Jülich (D) bzw. in deren Institut für Festkörperforschung tätig und trug dabei die Verantwortung für das Kristalllabor. Anschließend war er bis 2005 in leitender Position in der französischen und europäischen Kupferindustrie tätig, zuletzt als Direktor für Forschung und Entwicklung in der KME-Gruppe. Derzeit ist er als Berater für die Verbände der Kupferindustrie sowie als Forscher im Bereich der historischen Kupferproduktion aktiv.