Tagungsbeitrag

Henkelmann, Vera:

Spätmittelalterliche Chormantelschließen im Kontext ihrer multimedialen Verwendung

Chormantelschließen des Spätmittelalters waren keineswegs ausschließlich zweckdienliche Kleidungsaccessoires. Die reiche Gestaltung zahlreicher Schließen dieser Art teils mit Mikroarchitekturen und szenischen Darstellungen zeigt vielmehr, dass sie ganz offensichtlich als Bilder betrachtet wurden. Das Anbringen von Wappen und Inschriften erweist darüber hinaus einen weitergehenden Anspruch, der sich nicht allein in der Repräsentation ihrer Träger, der von ihnen vertretenen Institutionen sowie ihrer Schenker erschöpft haben wird.

Genau dieser Frage nach dem Funktionshorizont spätmittelalterlicher Prachtpluvialschließen möchte der Beitrag nachgehen und dabei explizit den multimedialen Kontext ihrer Verwendung mit einbeziehen:
Der Träger legte das Pluviale an, schloss es mit der Schließe und vergegenwärtige sich sehend und fühlend die je individuelle Intention der Schließe. Sie schloss den Mantel und wurde so zum integralen Bestandteil des Textils, interagierte mit dessen Gestaltung und Ikonographie. Der Träger setzte sich in Bewegung, ging an jenen Ort(en) oder zu jenem Kontext(en), für den Schließe (und Mantel) entstanden waren. Dort konnte sie eingebunden sein in eine Liturgie mit ihren Gebeten und Gesängen, wurde beleuchtet und reflektierte, wurde gesehen und rezipiert, entfaltete in der umgebenden Architektur und Ausstattung ein funktional-ikonographisches Beziehungsgeflecht. Beim Tragen während Prozessionen wiederum interagierte die Schließe mit dem sich stetig bewegenden Textil, wurde sie in immer neuen Blickwinkeln gesehen und beleuchtet, richtete sie sich – insbesondere im städtischen Raum – an eine potenzierte und vielfältige Rezipientenschar und wurde sie in immer neuen Szenerien in einen je unterschiedlichen Kontext gesetzt.

Diesen multimedialen Funktionszusammenhängen spätmittelalterlicher Chormantelschließen möchte der Beitrag gerne anhand ausgewählter Beispiele nachgehen.


Dr. Vera Henkelmann (Aachen), Studium der Kunstgeschichte, Mittleren und Neueren Geschichte sowie der Vor- und Frühgeschichte an der Rheinischen-Friedrich-Wilhelms-Universität zu Bonn (Magister Artium) sowie an der Technischen Universität zu Dortmund (Promotion: „Spätgotische Marienleuchter. Formen, Funktionen, Bedeutungen“)
Dissertationspreis der Technischen Universität Dortmund 2008

2014-2015 freie Mitarbeit für die Schatzkammer Essen-Werden (Inventarkatalog)
Zuvor: wissenschaftliches Volontariat im Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Schloss Gottorf (Stiftung Schleswig-Holsteinische Landesmuseen), freie Mitarbeit für die Domschatzkammer zu Essen, das Ruhrlandmuseum Essen (Ausstellung „Krone und Schleier. Kunst aus mittelalterlichen Frauenklöstern“), die Domschatzkammer zu Aachen sowie für weitere Museen und Kulturinstitutionen