Tagungsbeitrag

Maldoner, Bruno:

Materialität - Versuche und Probleme in Österreich

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Hoffassade aus Sichtbeton nach der Instandsetzung beim Baukomplex Pädagogische Akademie / Oberstufenrealgymnasium in Feldkirch, Vorarlberg.
Hoffassade aus Sichtbeton nach der Instandsetzung beim Baukomplex Pädagogische Akademie / Oberstufenrealgymnasium in Feldkirch, Vorarlberg.
Vor zwei Jahrtausenden forderte der römische Ingenieur und Theoretiker Vitruv, dass durch die Arbeit des Architekten bei Bauwerken Dauerhaftigkeit (firmitas), Zweckerfüllung (utilitas) und Schönheit (venustas) klug ausbalanciert werden müssten. Bei vielen Gebäuden der Moderne wurden funktionell, gestalterisch und technisch neue Wege begangen, um den sich rapid ändernden ökonomischen, politischen, sozialen und kulturellen Vorgaben im 20. Jahrhundert zu entsprechen. Bei Betrachtung der baulichen Zeugen dieser Zeit muss man heute den damaligen Optimismus bewundern, den Sinn für die soziale Verantwortung bis hin zur Utopie. Denn die Moderne wollte soziale Verbesserungen, technischen Fortschritt und ästhetische Neuerungen miteinander verbinden. Und die Industrie lieferte neue, meist nicht ausreichend erprobte Erfindungen und Entwicklungen, welche veränderte Bautechniken und Konstruktionweisen mit sich brachten. Die Balance zwischen den von Vitruv genannten Kategorien blieb dabei nicht immer gewahrt.

Bauten des 20. Jahrhunderts sind in vielen Fällen Neuland für die Denkmalpflege und deren Vertreter, seien dies nun Architekten, Ingenieure, Kunsthistoriker, Naturwissenschaftler, Handwerker und Restauratoren. Interdisziplinäre Forschung und vielfältige Untersuchungen sind Vorbedingung, um dabei die künstlerische, historische und kulturelle Bedeutung zu erkunden und zu beschreiben. In einem weiteren Schritt sind Strategien für den Umgang miit derartigen Strukturen zu entwickeln.

Folgende Gesichtspunkte sind zu beachten:

a) Bei aller Begeisterung darf nicht übersehen werden, dass sich die Nutzungsanforderungen auch bei bedeutenden Bauwerken tiefgreifend verändert haben und in vielen Fällen ein deren Existenz bedrohendes Ausmaß erreicht haben. Daher müssen vertretbare Nutzungsprofile als Voraussetzung für Instandhaltung und Instandsetzung bei derartigen Bauten entwickelt werden.

b) An architektonisch bedeutenden Teilen sollten Eingriffe grundsätzlich möglichst gering gehalten werden und in erster Linie pflegenden Charakter haben.

c) Die Erfüllung rein bautechnischer Belange im Sinn der „Dauerhaftigkeit“ reicht nicht mehr aus, die Anforderungen der Fachwelt zufrieden zu stellen. In den letzten Jahren haben Fragen der Ästhetik („Schönheit“) und Authentizität an Bedeutung gewonnen.

d) Nicht zuletzt stellt sich das Problem des Zusammenwirkens einzelner Gewerke und der Anforderungen an Restauratoren beim Instandsetzungsprozess von Baudenkmalen der Moderne.

Anhand von Fallstudien wird versucht, einige Anforderungen zu beschreiben und die beschrittene Wege darzulegen. Dabei werden die jüngste Instandsetzung der nach Plänen von Otto Wagner errichteten Postsparkasse in Wien (erster Bauteil1904-1906; zweiter Bauteil 1910-1912) und die Arbeiten am Gebäudekomplex der Pädagogischen Akademie / Oberstufenrealgymnasium in Feldkirch, Vorarlberg (Architekt Guntram Mätzler,(1966-1969), erörtert.

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