Tagungsbeitrag
Danzl, Thomas:
Zur Konservierung der frei bewitterten Grisaillen (17. Jhd) an der Reithalle des Schlosses Heidecksburg in Rudolstadt (Thüringen), 2000 – 2010
Das Residenzschloss Heidecksburg in Rudolstadt (Thüringen) besitzt mit seiner 1611 im Stil der Renaissance erbauten Reithalle, einst „Tummelhaus“ genannt, eine der ältesten in Stein errichteten Reithallen Deutschlands. An ihrer Südfassade haben sich über eine Länge von 35 Metern und einer Höhe von 4,50 Metern Reste einer ehemals vollflächigen figuralen Fassadenmalerei erhalten, die einzigartig für die Renaissance in Thüringen ist. Der Giovanni Maria Nosseni zugeschriebene Entwurf wurde 1678 ausgeführt und gibt antikisierende Schlachtenszenen in Grisailletechnik mit geringer Bildtiefe wieder, die eine stilistische Nähe zu italienischen Sgraffitodekorationen aufweisen.Der beachtliche bauzeitliche Dachüberstand trug wohl wesentlich zu dem insgesamt als gut einzuschätzenden Erhaltungszustand bei.
In den neunziger Jahren erfolgten die Sicherung des baulichen Bestandes und die Schwammsanierung, die 2002 mit der Instandsetzung des Daches abgeschlossen werden konnten. Ab 2001 wurde die Fachklasse für Konservierung und Restaurierung von Wandmalerei und Architekturfarbigkeit an der Hochschule für Bildende Künste Dresden mit den konzeptionellen Voruntersuchungen betraut, die erste wichtige Erkenntnisse zur Maltechnik und zu den Schadensursachen erbrachten, die 2006/07 mit einer Seminararbeit weiter qualifiziert wurden. Mit der Befundsicherung konnte der Bestand graphisch dokumentiert und unter Bezug auf zeitgenössische Bildquellen um verlorene Darstellungsdetails hypothetisch rekonstruiert werden. Eine „studentische Sommerschule“, als ideale Fortsetzung der Lehre während der vorlesungsfreien Zeit, ermöglichte eine erste Notsicherung der Fassadenmalerei. Darüber hinaus erlaubte die Vielfalt konservatorischer Fragestellungen, der enge Praxisbezug und besonders die enge fachliche Betreuung durch das naturwissenschafliche Labor der Hochschule ein prozesshaftes und im Sinne der Forschung experimentelles Arbeiten.
In Rahmen einer Diplomarbeit wurde schließlich ein Konservierungs- und Restaurierungskonzept erarbeitet, das auf den durch jahrelange bauliche Vernachlässigung entstandenen labilen Zustand der Malerei reagierte. Eindringendes Wasser löste die im Mauerwerk enthaltenen Salze und reicherte diese unter der Malschicht an. Besonders in regenwassergeschützten Zonen, gerade da, wo sich die Malerei noch weitgehend geschlossen erhalten konnte, bildete sich eine vorwiegend aus Gips und wasserunlöslichen Oxalaten bestehende dichte, aber gleichzeitig auch spröde Salzkruste. Der Kristallisationsdruck der Salze trug zu einer Schwächung des Verbundes Putzträger – Malschicht bei, die mit einer Schollen- und Blasenbildung sowie zur oberflächenparallelen Ablösung der scheinbar intakten Malschicht einherging. Vergleiche mit den nur zehn Jahre alten Fotografien belegten den akuten Handlungsbedarf. 2008 und 2009 konnten mit einer weiteren Sommerschule erste konkrete Schritte zur Rettung der Malerei eingeleitet werden, die Jahr 2011 abgeschlossen sein werden. Die dabei weiter qualifizierten Konservierungsschritte eröffnen nicht nur übertragbare Lösungsansätze, sondern rücken auch die kunst- und technikgeschichtliche Bedeutung der Heidecksburger Fassadenmalerei in einen neuen Kontext.