Tagungsbeitrag

Münch, Felix:

Von der antisowjetischen Sammelbewegung zum Gralshüter der unabhängigen Nation – ein Blick auf Estland und die Estnische Gesellschaft für Denkmalschutz 1987 – 2012

Nach dem Niedergang der Sowjetunion haben die ehemaligen Satellitenstaaten Mittel- und Osteuropas ihre nationale Unabhängigkeit erlangt. Die vormals von der Moskauer Zentrale oktroyierten kommunistischen Geschichtsbilder und -mythen wurden damit wertlos – seit der Zeitenwende 1989/91 etabliert Estland eine eigene, nationale Identität und damit auch eine eigene Geschichtsschreibung.

Diese Geschichtsschreibung nationaler Prägung wird besonders in Denkmälern manifest. Deren Errichtung ist Indiz für eine neue oder forcierte Gewichtung und/oder Ausrichtung der nationalen Geschichtspolitik, während Ikonoklasmus für die symbolische Auslöschung der als überkommen eingestuften Geschichtsbilder des überwundenen Ancien Régime steht. Der geplante Vortrag soll die Entwicklung der Estnischen Gesellschaft für Denkmalschutz (Eesti Muinsuskaitse Selts) und damit die staatliche estnische Denkmalpolitik als Ausdruck von Geschichtspolitik auf deren (ethno-)nationalen und nationalistischen Tendenzen hin darstellen und in den mittelosteuropäischen Kontext einordnen. Ziel soll hierbei sein, die Konflikthaftigkeit dieser politischen Neuorientierung auf nationaler (Konflikte mit den russischen bzw. russophonen Minderheiten), bilateraler (Konflikte mit der Russländischen Föderation) und internationaler (Konflikt mit dem Geschichtsbild der EU) Ebene darzulegen.


Felix Münch, M.A., Politologe, Doktorand am International Graduate Centre for the Study of Culture der Universität Gießen, 2010 Gastdozentur an der Universität Wien, 2010 bis 2011 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Södertörn University Stockholm. Seit 2012 Geschäftsführer für deutsche und internationale Beziehungen bei der Stiftung für Wissenschaft und Kultur Domus Dorpatensis (Tartu/Estland).