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Siegesmund, Siegfried; Rüdrich, Jörg:

Das Markttor von Milet: Schadensanalyse und Modellhafte Sanierungskonzepte

23.01.2002 to 23.01.2004

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Markttor von Milet
Markttor von Milet
Das Markttor ist (ein einzigartiges archäologisches Baudenkmal nördlich der Alpen) in seiner Dimension und Bedeutung als Objekt im inneren eines Museums in Deutschland einzigartig. Um so besorgniserregender ist der aktuelle, bauliche Zustand. Der Erhalt dieses bedeutenden Bauwerks erfordert mindestens kurz- bis mittelfristig restauratorische Maßnahmen, um einen fortschreitenden Verlust von Originalsubstanz aufhalten zu können.

Vorrangiges Projektziel ist die modellhafte Schadensanalyse des umweltgeschädigten Markttores von Milet. Dieses einzigartige Objekt verlangt nicht zuletzt auch durch die „einzigartige“ Konzeption beim Aufbau um 1929 und die kriegsbedingten Wirren nach sehr spezifischen Untersuchungsstrategien.
Grundlage ist zunächst die 3D-Vermessung des Objektes mit dem Ziel alle Schadensphänomene selektiv auch in Abhängigkeit von Objektbereichen, z.B. Originalteilen, die Expositionen, Bauphysik und lithologisch-strukturellen Vorzeichnungen aufzunehmen. Unbedingte Voraussetzung hierfür ist eine detaillierte Materialcharakterisierung von langzeitexponierten Orgienalteilen, die aufgrund der o.g. eigenwilligen Strategie beim Aufbau des Tores in ungewöhnlich großer Quantität existieren. Darüber hinaus sollen Modellversuche zur Materialverträglichkeit unter Laborbedingungen wie Marmor/Stahlarmierungen/Beton/Altergänzungen für ein optimales Sanierungskonzept sorgen. Die entsprechenden Umweltbedingungen sollen im Vorfeld durch Langzeitmonitoring erfasst werden. Alle dazu erforderlichen Untersuchungen werden interdisziplinär von Geowissenschaftlern, Vermessungsingenieuren, Archäologen, Restauratoren und Kunsthistorikern realisiert.

Das Projekt ist der Zielsetzung entsprechend in zwei Phasen gegliedert: einem Vorprojekt (vorliegender Antrag), in dem die u.g. Messungen und Konservierungsversuche im Labor und vor Ort durchgeführt werden, und einem Hauptprojekt, in dem die Erkenntnisumsetzung und Konservierung von Säulen in die Architekturteile erfolgt.

Ergebnisse und Diskussion
Zusammenfassend muss festgestellt werden, dass das Markttor von Milet bei einer detaillierten Betrachtung sehr komplexe Schadensbilder aufweist. Neben der sehr eigenwilligen Aufbaustrategie in den 20er Jahren des letzten Jahrhunderts, die durch die statischen Bedenken zu massiven Eingriffen in alle Architekturteile geführt hatten, scheint der Luftminentreffer und die damit verbundene freie Bewitterung zu wesentlichen Schadensquantitäten geführt zu haben. Die Restaurierungsmaßnahmen nach dem 2. Weltkrieg haben zwar zu einer Sicherung des Bauwerkes geführt aber durch schlechtes Material und Restaurierungsfehler wesentlich zum schleichenden Verfall beigetragen. Die z.T. sehr auffälligen strukturellen Schäden gehen vermutlich auf Materialinkompatibilitäten und statischen Zwängungen zurück. Es ist auch anzunehmen, dass die innenliegende, nach erstem Anschein biegeweiche Stahlkonstruktion, durch Kriechen des Stahls sich verkürzt und verdreht hat. Dadurch werden die vertikalen Eigenlasten nicht mehr über das Skelett sondern u.U. außermittig von den dünneren Marmorschalen abgetragen was die beobachteten schalenartigen Abplatzungen erklären könnte. Dies belegen die allgegenwärtigen Risse und Abplatzungen. Sinterbildungen, Rostläufer und Salzausblühungen häufig mit makroskopischen Rissen assoziiert, unterstützen diese Befunde. Der mikrobiologische Befall scheint nicht kritisch. Der Marmor zeigt ebenfalls komplexe Schadensbilder, wobei hier kein deutlicher Unterschied zwischen den auskartierten Varietäten deutlich wird. Indirekte, zerstörungsfreie Untersuchungsverfahren, wie die Ultraschalltomographie, Georadar und die Widerstandsmessungen konnten zur Charakterisierung der entkernten Marmorsäulen erfolgreich eingesetzt werden. Das Raumklima scheint bei den bis momentan nachgewiesenen Temperatur- und Luftfeuchteschwankungen nicht indikativ für die nachgewiesenen Schadenstypen.
Weiterführende mineralogische und baustoffkundliche Arbeiten wurden zur Analyse aller verwendeten Baustoffe eingesetzt und auf der Basis der gewonnenen Daten erfolgte die Entwicklung eines Mörtels der den Stoffeigenschaften eines Marmors weitestgehend entspricht. Die entwickelten Mörtel aus der Kombination von Puzzolanen, Weißzement, definiert zusammengesetzten Zuschlägen (Quarzsand, Kalksteinmehl) und chemischen Additiven sind kompatibel mit den Marmoren des Markttores von Milet. Ferner sind die Mörtel ausreichend alkalisch, um den Stahl vor Korrosion schützen zu können. Die Verfärbung des Dolomitmarmors ist durch Trocknung reversibel. Weder der Calciumhydroxidgehalt noch die verwendeten Zusatzmittel beschleunigen nach bisherigen Erkenntnissen den Zerfall des Marmors und sind auch in Verbindung mit Stahl einsetzbar. Die Verträglichkeit der entwickelten Mörtel mit den im Bestand vorhanden Steinergänzungsstoffen gilt auf der Basis der durchgeführten Untersuchungen als gesichert. Die entwickelten Favoritenmörtel (Tabelle 2) optimal den geforderten physikalisch-mechanischen und den chemisch-mineralogischen Anforderungen angepasst worden und können am Markttor unbedenklich eingesetzt werden.

Fazit
Das Markttor von Milet zeigt sehr multiple Schadensszenarien, die neben umweltbedingten Schadensquantitäten wesentlich auf Materialunverträglichkeiten zurückzuführen sind und ihre Ursache in dem eigenwilligen Rekonstruktionsprinzip der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts haben. Mineralogische und gesteinstechnische Materialuntersuchungen, zerstörungsfreie und zerstörungsarme Material-diagnose, Raumklimamessungen, Schadenskartierungen als auch Mörtelneuentwicklungen (mit „Marmor-eigenschaften“) belegen einen dringenden Handlungsbedarf für restauratorische Maßnahmen.

Gefördert durch die DBU



Dieses Projekt wurde gefördert durch
die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU)
AZ 18686/01

 
Table of contents

1 - Hilfe für das Markttor von Milet. Siegfried Siegesmund & Sebastian Speiser, Naturstein 3/2004
2 - Bestandsglossar, ARGE Speiser & Endemann

3 - Schadensglossar, ARGE Speiser & Endemann

4 - Schadenskartierung, ARGE Speiser & Endemann

5 - Verformungsmessungen am Markttor von Milet. Prof. Dr. M. Schmidt und Dr. B.Middendorf.

6 - Das Markttor von Milet. Siegesmund, S., Rüdrich, J. & Speiser, S, Restauro.

7 - Gesteinstechnische Eigenschaften ausgebauter Marmore des Markttores von Milet.
Bachelorarbeit, Elke Rothert, GZG Universität Göttingen.

8 - Untersuchung zur Verwendung verschiedener Marmortypen am Markttor von Milet, Pergamon Museum/Berlin Jörg Rüdrich, GZG Universität Göttingen

9 - Mineralogische, gefügekundliche und gesteinstechnische Eigenschaften von Geomaterialien des Markttores von Milet. Diplomarbeit, Katrin Müller, GZG Universität Göttingen.

10 - Entwicklung kompatibler Vergussmörtel zurInstandsetzung der Säulen des
Markttores von Milet im Berliner Pergamon Museum. Diplomarbeit, Verena Maack,
Institut für Bauingenieurswesen der Universität Kassel.

11 - Development of compatible mortars for the restoration of the Market Gate of Milet, Pergamon Museum Berlin, Germany. Middendorf, B., Maack, V. & Siegesmund S.

12 - The Market Gate of Milet of the Pergamon Museum Berlin – Deterioration Characteristics and Mortar Development for Restoration purposes. Middendorf, B., Siegesmund, S., Maack, V., Müller, K. & Ruedrich, J.

13 - Das Markttor von Milet - Schadensbilder, Materialcharakteristika und Entwicklung von Restauriermörtel. Siegesmund, S., Middendorf, B., Maack, V. & Rüdrich, J.

14 - Radaruntersuchung am Markttor von Milet Pergamon-Museum Berlin. (Sontec GmbH Berlin).

15 - Radarmessungen an Marmorsäulen. M. Hertrich, J. Schmalholz, U. Yaramanci

16 - Elektrische Widerstandstomographie zur Zustandsbewertung von Bauwerken - Ergebnisse von Messungen im Pergamonmuseum. Just, A., Danckwardt, E., Jacobs, F., Universität Leipzig.

17 - Construction physics of the Market Gate of Miletus discoverd by non-destructive tools. Ruedrich, J., Hertrich, M., Just, A., Siegesmund, S., Yaramanci U. & Jacobs, F.

18 - Fotografische Dokumentation und Multispektral-Analysen am Markttor von Milet im Pergamon Museum, Berlin. A. Hornschuch & J. Heckes.

19 - Markttor von Milet - Schadwirkung durch Biofilme. (Michael Hoppert unter Mitarbeit von Oliver Schieweck, Institut für Mikrobiologie und Genetik der Universität Göttingen).

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DOI (Digital Object Identifier)

10.5165/hawk-hhg/130

Participants

  • Siegfried Siegesmund (Author)
    Georg-August-Universität Göttingen, Insitut für Geologie und Dynamik der Lithosphäre
  • Jörg Rüdrich (Author)