Sgraffito im Wandel | Sgraffito In Change
Materialien, Techniken, Themen und Erhaltung | Materials, Techniques, Topics, And Preservation
Tagungsband der internationalen Tagung der HAWK Hochschule für angewandte Wissenschaft und Kunst in Kooperation mit dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege (NLD), hg. von Angela Weyer und Kerstin Klein, Petersberg 2019
(Schriften des Hornemann Instituts Band 19, Arbeitshefte zur Denkmalpflege in Niedersachsen 51)
Inhaltsverzeichnis (pdf, 44 KB)
Ort: HAWK, Hildesheim, Goschentor 1
Zeit: 2. - 4. November 2017
Konferenzsprache: Deutsch und Englisch
Tagungsprogramm (pdf, 0,5 MB)
Broschüre mit den Abstracts und CVs (pdf, 2 MB)
Resumee (pdf, 2 MB)
30 Jahre nach Einzug der ersten Studierenden der Wandmalerei-Restaurierung hat die HAWK zusammen mit dem Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege im November 2017 eine internationale Tagung zum Thema "Sgraffito im Wandel – Materialien, Techniken, Themen und Erhaltung“ veranstaltet.
Durch Umweltschäden, Übermalungen, Wärmedämmung und breites Unwissen sind Sgraffito-Dekorationen in ihrer originalen Existenz stark bedroht: Oft haben sich nur noch geringe Teile des ursprünglichen Bestandes erhalten. Europäische Kooperation ist daher nötig, um sowohl die Problematiken der praktischen Restaurierung wie auch der zu geringen Wertschätzung schnell in den Griff zu bekommen.
Die Tagung hatte mehrere Ziele:
- Entscheidungsträger in der Denkmalpflege sollten für die kulturhistorische Bedeutung von Sgraffito-Dekorationen wie auch für die Probleme ihrer Erhaltung sensibilisiert werden.
- Die Tagung sollte aktuelle Forschungsfragen zur Entwicklungsgeschichte der Sgraffito-Dekorationen in Europa vorantreiben, unter anderem zu ihren Anfängen in Italien und Spanien sowie zu ihrer technischen Weitentwicklung (einlagig, zweilagig, Mischtechniken und Ähnliches).
- Erstmalig sollten ausgewiesene Wissenschaftler/innen aus den hierfür wichtigsten europäischen Ländern zusammengebracht werden, um anhand von repräsentativen Fallbeispielen konkrete Lösungsansätze für gefährdete Sgraffito-Dekorationen herauszuarbeiten.
- Langfristig wollten die Veranstalter ein Netzwerk initiieren, dessen Ziel der gemeinsame Austausch zum Zweck der Qualitätssicherung der Restaurierungen von Sgraffito-Dekorationen ist.
Der Tagungstitel „Sgraffito im Wandel“ war mehrdeutig: Zum einen ging es um die Analyse des thematischen wie auch materiellen/technischen Wandels vom Mittelalter bis ins späte 20. Jahrhundert. Schließlich wurde auch der Wandel im Bestand der erhaltenen Sgraffito-Dekorationen thematisiert, den nahezu alle Beispiele durch spätere Erhaltungsmaßnahmen erfahren haben.
Indem herausragende Fallbeispiele, neue Forschungsergebnisse und unveröffentlichte Objekte vorgestellt und diskutiert wurden, ist die Konferenz für Fachleute verschiedener Disziplinen von Bedeutung gewesen. Die vielen vorgestellten Objekte und Motive haben zur weiteren kulturhistorischen Erforschung ermuntert. Gleichzeitig wurde die Tagung durch ihre Praxisorientierung auch zu einer Fortbildungsveranstaltung für Restaurator/inn/en und Denkmalpfleger/innen. Letztlich hat sie das Auditorium für die große identitätsstiftende Bedeutung vieler Sgraffito-Dekorationen sensibilisiert und zugleich motiviert, sie bei Baumaßnahmen höher zu achten und die Erhaltung des Originalen der Rekonstruktion vorzuziehen.
Der Zeitpunkt der Tagung erschien ideal, nicht allein wegen der Bedrohung durch die stetige Zunahme von Wärmedämmungen und zu geringer Wertschätzung, sondern vor allem auch deshalb, weil in den letzten Jahren in mehreren Ländern wichtige Studien erarbeitet wurden, zum Teil auch erschienen sind, deren Ergebnisse bei diesem Kolloquium aus verschiedenen methodischen Blickwinkeln analysiert und weiterentwickelt werden konnten.
In den Keynotes wurde zunächst das Thema umrissen: Es ging um das Vorkommen von Sgraffito in Europa und darüber hinaus (Rafael Ruiz Alonso), die Vielfalt ihrer Materialien und Techniken sowie die Probleme bei ihrer Erhaltung (Kerstin Klein). Dem folgten Länder- oder Einzelbeispiele von der Renaissance bis zum späten 20. Jahrhundert aus den Heimatländern der Referent/inn/en, u. a. mit Überlegungen zur Entwicklung und Wiederentdeckung von Sgraffito (Thomas Danzl, Ulrich Fritz, Andreas Huth), neuen Forschungsergebnissen zu materialtechnischen Befunden (Zuzana Wichterlova), schwierigen Erhaltungsproblemen (Christiane Maier) und großflächigen Rekonstruktionsbestrebungen (Jan Vojtechovsky). Drei Vorträge widmeten sich den Sgraffito-Dekorationen aus der Wiederaufbauzeit nach dem Zweiten Weltkrieg (Anneli Ellesat, Anna Kriegseisen, Christoph Schaab).
Im öffentlichen Abendvortrag erläuterte Dr. Roswitha Kaiser den denkmalpflegerischen Umgang mit Sgraffiti, die NS-Propaganda verbreiten.
Im Workshop konnten die Arbeitsschritte zur Herstellung eines Sgrafitto sowie Variationen bei Technik und Material praktisch ausprobiert werden.
Kolleg/inn/en, die trotz wichtiger neuer Forschungsergebnisse nicht berücksichtigt werden konnten, boten wir die Teilnahme an der Postersektion an: Alle Poster wurden in einer eigenen Präsentation vorgestellt, bei der die Autor/inn/en mit den Tagungsteilnehmer/inne/n über ihre Ergebnisse diskutieren konnten. Außerdem werden die Poster in digitaler Form und unter einer DOI im Forschungsportal des Hornemann Instituts publiziert.
Die Tagung war offizieller Beitrag zum Europäischen Kulturerbejahr 2018.
Die Tagung wurde veranstaltet in Erinnerung an Prof. Dr. Nicole Riedl-Siedow (1971-2017), Leiterin der Studienrichtung Konservierung/Restaurierung von Wandmalerei/Architekturoberfläche und kommissarische Leiterin der Studienrichtung Konservierung/Restaurierung von Stein und Keramik.